Liebe Freundinnen und Freunde Sanko-jis

Gehört ihr zu denen, denen die Corona-Krise ein wenig dolce farnierte bringt, oder Schwierigkeiten, Sorgen, Unsicherheiten, …? Bei mir ist es ein bisschen beides…

Am Wochenende wird das Frühlingssesshin stattfinden, bisher sind wir zu zweit. Wenn eine Person sich heute noch spontan entscheidet mit zu sitzen, so ist das noch möglich.

Das Praxiswochenende wird abgesagt, bisher keine Anmeldungen und da sich diese auch eher an Einsteiger richtet, auch nicht zu erwarten. Deshalb habe ich gedacht, es wäre besser stattdessen ein Samu-Sesshin zu versuchen.
Es wird 4x 2h Stunden Zazen pro Tag geben, daneben ist ausgiebig Zeit um die Unterhaltsarbeiten in Sanko-ji zu erledigen, als da sind vor allem die Anlagen rund ums Zentrum, die Permakultur- und Frühlingsputzarbeiten, wie Fensterputzen, etc. Die Natur wächst trotz Corona einfach weiter! -unglaublich! 🙂 Ja, es ist wunderschön hier oben – alles blüht, sogar schon Pfingstrosen und Akelei, die Beerensträucher sind voller Fruchtansätze und versprechen eine reiche Ernte, das Tal leuchtet im Maigrün. Die Himmelsgabe „Regen“ kam über Nacht, das lässt alles hoffen… doch man weiss nie was das Universum im nächsten Moment für einen bereit hält. Ich werde die Samu-Sesshinzeit nutzen Zazen zu praktizieren und Sanko-ji zu unterhalten. (Etwas unterhalten – gutes Wort finde ich und klingt amüsant und vielversprechend:-), wer unterhält hier wen?). Würde mich freuen mit anderen Personen zusammen zu sitzen und den Tempel zu unterhalten. Es ist grundsätzlich respektvoller für jeden Organisator, wenn man sich so früh wie möglich anmeldet.

Auch die Naikanwoche im Juni muss ich wahrscheinlich bald absagen, nur eine Anmeldung und es ist gar nicht sicher ob Ishii-san einreisen darf. Auch das Naikanleitertreffen werde ich dementsprechend absagen.
Diese Unsicherheiten und das ständige Umdenken, Reagieren, ermüden mich, da es auf der Arbeit bei mir auch so ist. Ich merke wie wohltuend Routine sein kann, doch Routine und Lebendigkeit schliessen sich eigentlich aus. Mein Lehrer Shohaku Okumura hat gleich nach seiner Rückkehr aus Europa den Tempel bis August geschlossen und die Devise rausgegeben Rückzug und Selbstreflexion. Im Moment sehne ich mich oft gerade nach diesem, doch habe ich mich gerade zu Beginn entschieden, das Maximum an Praxis, das geht, möglich zu machen, aber es ist herausfordernd. Anstatt eine Naikanwoche werde ich höchstwahrscheinlich ein Sesshin möglich machen, denn das ist einfacher zu organisieren.

Ihr fehlt – das vermehrte alleine praktizieren in der Abgeschiedenheit führt zu mehr Denken, es ist das was Kodo Sawaki mit „Das Leid/Schmerz nimmt zu“ ausdrückte. Kodo Sawaki zog sich drei Jahre in eine Einsiedelei zurück um sehr streng zu praktizieren, auf die Frage was sich durch das Alleine praktizieren, ändere, antwortete er so. Auf den ersten Blick, ist es also schwieriger zu praktizieren, auf der anderen Seite, weiss der Zenpraktizierende, das dies nur neue Dharmatore sind, gewissen Dinge/Gewohnheiten stellen sich als Illusion heraus. Neue Realitäten erscheinen. Wenn wir „Sabai“ praktizieren, ein thailändischer Begriff, der eine Lebensart beschreibt, alle zu bewältigenden Dinge mit Entspanntheit, Grossmut, Gelassenheit, einem Lächeln anzugehen und ohne Stress mit viel Geduld, das zu tun, was ansteht. Fleissig wie die Bienen, aber ohne Stress, Burn out.
Für Sanko-ji heisst es, was auch immer passiert, ob Menschen kommen, ob es sauber und gepflegt ist oder nicht, es wird einfach unter den gegebenen Umständen praktiziert. Wir nehmen es so wie es ist, es gibt keine Vorgaben unter welchen Bedingungen zu praktizieren ist. Zuhause alleine, in Sanko-ji alleine, ….dennoch haben die „Alten“ ein einfaches Haus in der Abgeschiedenheit und Schönheit der Natur bevorzugt, aber es konnte eine armselige Hütte mit undichten Dach wie hier sein oder eine Höhle. Ein gesundes Leben in der Natur, mit viel Bewegung, Zazen inmitten des morgendlichen Vogelkonzerts, der Stimme des Tals, des Regens ist einfach eine ewige Quelle, wir sind ein bisschen mehr in Kontakt mit dem „Grossen“, die Praxis etwas „wirklicher” und können von unserer Umgebung Lernen.

Während der winterlichen Regen/Sturmzeit hat es leider in den einzigen noch nicht sanierten Flügel des Hauses reingeregnet, dort wo mein Schlafzimmer ist. Als Sturm und Regen einmal nachliessen, staunte ich beim Nachschauen auf dem Dach nicht schlecht, eins ganzer Sparren plus Dachlatte war weggefault. Der hinzugezogener Dachdecker meinte, …”das muss schon mehr als 20 Jahren reinregnen, sonst fault nicht ein ganzer Balken weg.” Das sind die Überraschungen, die das Leben ständig für uns bereit hält, ihr kennt das.
Und ihr wisst auch was zu tun ist, so etwas kann man nicht ignorieren, dies muss vor dem nächsten Winter erledigt werden, denn mit viel Schnee und Sturm würde das Dach einbrechen, …. da muss man einfach handeln,…

…anders ist es mit der Photovoltaikanlage, die ich diesen Sommer installieren lassen wollte. Dies ist ein „Zückerl“ wie die Alemannen sagen. Nach Dachschaden und Corona-Krise dachte ich zunächst, das Projekt fallen zu lassen, doch nun bin ich anderer Meinung:

– Die Photovoltaikanlage soll Sanko-ji mit ausreichend ökologischen Strom versorgen
– Sanko-ji wäre durch Photovoltaik theoretisch vollkommen autark und das war der Sinn vieler Zen-Tempel seit der Zeit von Hyakujo bis heute und hat sehr zum Wachstum/Überleben der Zenlinie beigetragen. Katagiris Tempel in den USA, das Pioneer Valley Zendo/USA und das neue Antai-ji/Japan u.v.m. sind Beispiele der Neuzeit, warum Zenlehrer entscheiden in der Natur ein einfaches, natürliches Praxisleben möglich zu machen. Warum dies sehr wichtig für den Zen-Buddhismus ist und war, habe ich schon einmal versucht darzulegen. Stichworte wie Unabhängigkeit, Freiheit, Anerkennung von Aussen, Konsumverzicht, die Vorteile des einfachen Lebens in so einer Institution, das Bewahren und weitergeben des Wissen wie man mit der Natur unabhängig von Konsum leben kann und autark sein kann, ein Leben mit und für die Natur, ora et labora, Gleichwertigkeit von Körper und Geist sprechen sehr dafür
– ein Zeichen setzen, denn hier im Tal engagieren wir uns gegen Windkraftgrossanlagen und die Zerstörung der Natur, mit Photovoltaik würde Sanko-ji eine andere ökologische Richtung aufzeigen – nicht nur dagegen sein., Wenn alle Häuser im Tal Solarenergien erzeugen würden, wären die Windkraftanlagen der Grossinvestoren überflüssig. Es würde die Dezentralisierung der Stromproduktion fördern.
– ein Zeichen setzen in Zusammenhang mit Rezession, gerade jetzt in die ökologischere Zukunft investieren, als auf seinem Geld hocken bleiben und auf bessere Zeiten hoffen. Wer weiss, was kommt? Inflation, Deflation, Rezession, Aufschwung, gesicherte Renten, Krankheit, Gesundheit, Tod? Man weiss nie, was…

Die Kosten für alles belaufen sich auf ca. 40000 €, Sanko-ji hat momentan keine Einnahmen, falls ihr das eine sinnvolle Idee findet, könnt ihr gerne unter dem Stichwort „Sonne“ Spenden, jeder € ist willkommen. Der Vorstand wird demnächst entscheiden, ob er trotz der sehr geringen Einnahmen in diesem Halbjahr, ausnahmsweise die volle Miete aus den Rücklagen zahlt, so dass ich diese in die PVA/Dachsanierung investieren kann.

Danke für eure Praxis und Sabai!!

Herzlich und Gassho

Gyoriki